Liebes Ruhrgebiet und Rest vonne Welt, vorgestern war ich beim Friseur. Friseur-Tage sind grundsätzlich keine guten Tage, aber das ist eigentlich noch mal eine ganz andere Geschichte. Erinnert Ihr Euch an
das Elend, das mich ereilte, als ich beim letzten Mal zu Friseur wollte?
Ein schwarzer Tag. Aber vorgestern...lasst es mich so sagen:
Der Vormittag verläuft recht belanglos, wenn man davon absieht, dass der DHL-Fritze mit meiner ASOS-Bestellung genau in dem Moment klingelt, als ich unter der Dusche stehe und meine Zahnbürste inner Schnüss habe. Wäre nicht weiter wild gewesen, wenn ich auf dem nackten und nassen Weg zur Gegensprechanlage nicht in Emma Plemmplemmas Haarballkotze ausgerutscht wäre. Das wäre ebenfalls nicht weiter wild gewesen, wenn ich nicht versucht hätte, mich im freien Fall irgendwo festzuhalten. Irgendwo meint in diesem Fall meine Bilderwand im Flur. Dort habe ich drei Dachlatten anne Wand genagelt, auf der Bilderchen, Postkarten und Killefitt rumstehen. Aus Schockreflex greife ich nach einer dieser Latten. Joa. Nix gedübelt, sondern nur genagelt...und so lande nicht nur ich, sondern auch ein Drittel meiner Bilderwand in der Katzenkotze, aber Hauptsache ich schaffe es noch rechtzeitig anne Tür. ASOS forever.
Kleider aus der Verpackung gerissen, trotz fehlender Zeit alle anprobiert und vorm Spiegel festgestellt, dass ich einfach in allem doof aussehe, wenn ich frisch aus der Dusche komme und wie eine zerfledderte Kaulquappe aussehe.
So. Irgendwann dann ab inne Stadt. Ich bin spät dran, könnte es aber noch pünktlich schaffen, wenn sich alle Autos auf meinem Weg schlagartig in Luft auflösen würden. Tun sie natürlich nicht und so gerate ich umgehend in Panik. Erinnert Ihr Euch?
Am letzten schwarzen Friseurtag hatte man mich weggeschickt, weil ich aufgrund der Rüttenscheider Parkplatzhölle kleine, zarte, unschuldige 10 Minuten zu spät gekommen war. DAS wollte ich nur ungern wiederholen.
Ich rase durch die Gegend und rege mich über alle auf, die im Gegensatz zu mir vollkommen normal Auto fahren.
In Rüttenscheid finde ich NATÜRLICH keinen unkomplizierten Parkplatz am Straßenrand, so dass ich mich auf den Parkplatz des Giradet-Centers quetschen muss. So. Dieser Parkplatz ist ein überdimensionales Super-Arschloch! Dort dürfen nämlich unendlich viele Autos reinfahren, auch wenn gar keine Parkplätze mehr frei sind. Wer DAFÜR verantwortlich ist, der soll mir mal lieber nicht nachts begegnen. Und tagsüber auch nicht.
Jedenfalls ist der Parkplatz - ACH WAS?! - voll. Ich und ca. 9 andere Fahrzeuge gurken verzweifelt Zentimeter um Zentimeter durch die engen Fluchten und stehen uns total bescheuert gegenseitig im Weg. Wissen wir, können wir nur trotzdem nicht ändern. Ich weiß, dass die anderen genauso unschuldig sind wie ich, möchte aber trotzdem alle töten, vor allem die, die NACH mir auf den Parkplatz aufgefahren sind und nun weiter hinten ganz spontan einen frei werdenden Platz ergattern können. Sehr unfair. Sehr, sehr, sehr unfair!
Aber dann wird ein Parkplatz direkt zu meiner Linken frei, bzw. ein Mann deutet an, dass er gleich wegfahren werde. Ich bin erst "drei Minuten nach Friseurtermin" zu spät und frohlocke. Und dann kommt ein riesiger Mercedes Yeti-Jeep um die Ecke, setzt den Blinker und spielt "DAS IST MEIN PARKPLATZ". Ich erleide spontan einen akustischen Hass-Auswurf. Sofort deute ich wild mit dem Finger rum, was in übersetzt "Pass ma auf, Du bescheuerte Bescheuerte, datt is MEIN Parkplatz...und jetzt sieh zu, dass Du Asphalt gewinnst!" bedeutet. Aber die Mercedes-Yeti-Frau blinkt stoisch weiter. Ihr Gesicht kann ich aufgrund der abgedunkelten Scheibe in Kombi mit Gegenlicht nicht erkennen. Ich überlege, was ich so alles im Kofferraum habe und ob etwas dabei ist, womit ich sie erschlagen könnte.
Dann wird weiter hinten in der gleichen Reihe ein weiterer Parkplatz frei, während der Mann, der angedeutet hatte, dass er gleich wegfahren würde, immer noch irgendwie an seiner Karre rumfummelt und noch nicht mal eingestiegen ist.
Ich spekuliere also auf den hinteren Parkplatz, der für mich aufgrund des Einparkwinkels ohnehin viel günstiger ist. Die Sonne verschwindet hinter einer Wolke und ich kann ins Yeti-Auto gucken. Die Fahrerin ignoriert mich, aber die Beifahrerin nickt, als ich mit großen Gesten deutlich mache, dass ICH den HINTERN Parkplatz nehmen würde.
Aber die Yeti-Olle zündet ihre Kutsche und macht allen Ernstes Anstalten, sich den hinteren Parkplatz unter ihren Tussi-Nagel zu reißen. Ich kurbele mein Fenster runter und rufe freundlich (!) "Entschuldigung, hast Du nicht gesehen, dass ICH auf den Parkplatz warte? Du hast mir doch schon DEN Parkplatz hier vorne weggeschnappt."
Die Yeti-Kutsche hält an. Durch einen Fensterspalt hat mich die Fahrerin gehört und lässt ihre Scheibe ganz herunter. Wie eine hoheitliche Kaiserin blickt sie grantig in meiner Richtung und sagt "Ach, wir duzen uns?!"
"Oh, Entschuldigung, ich wollte Ihnen nicht zu nahe treten. Sie sahen für mich im ersten Augenblick einfach jünger aus."
DAS war wohl die falsche Antwort. Sie schmiert sich eine fette Portion beleidigte Leberwurst ins Gesicht und bugsiert ihre dämliche Karre jetzt ERST RECHT in den hinteren Parkplatz. Ich mache mein Fenster hoch und schreie.
Dann wende ich umständlich, sende Todesblickpfeile in Richtung eines jeden, der andeutet, den Parkplatz vom Auto-Fummler einnehmen zu wollen, und gehe in Einparkposition. Da kommt der Fummler auf meinen Wagen zu, grinst, zuckt mit den Achseln und deutet an, dass er erst noch zum Ticketautomaten müsse. Am anderen Ende der Welt! Genau in diesem Moment kommt die Yeti-Bagage an meinem Auto vorbei und grinst gehässig. Ich überlege kurz, ob ich aussteige und der Fahrerin ihre Steppweste mit meinem Autoschlüssel zerschlitze. Aber bevor mir dann wieder jemand den Parkplatz klaut, bleibe ich lieber brav in meinem Autochen sitzen.
Hundert Jahre später habe ich eingeparkt. Ich raaaase zum Friseurladen. An wem komme ich vorbei? Natürlich! An der Yeti-Tussi. Sie schaut mich an und ich schaue sie an. Und zwar so gemein und böse und hasserfüllt wie ich kann. Mein Blick sagt: "STIRB!"
Und da lacht sie mich aus! Ich weiß spontan nicht wie man "STIRB!" steigern soll und lache sie dafür aus, dass sie MICH auslacht. Aber noch während ich sie auslache, wird mir bewusst, dass ICH mich gerade vollkommen lächerlich mache. So überfällt mich eine eklatante Spontanscham und ich eile davon. Auf den letzten Metern zum Friseur fällt mir ein, dass ich mir für solche Situationen eigentlich vorgenommen hatte, mich an folgendes Grundgesetz zu halten:
Tja. Warum fallen einem die schlauen Sachen immer erst zu spät ein?
Ich stolpere in den Friseurladen und bin natürlich sehr zu spät. Ich will mich in den Staub Haardreck werfen und um Verzeihung winseln, als mir das Mädchen hinter dem Tresen eröffnet, dass ich a) im falschen Laden wäre, denn MEINE Friseurin sei heute in der ANDEREN Filiale (WAAAATTT???) und dass ich b) aber wirklich eh unheimliches Pech hätte, weil es einen Notfall in der Familie meiner Friseurin gegeben hätte und sie deshalb den Termin mit mir eh nicht einhalten könne.
Ich zitiere mich und meine spontane Reaktion: "Ich heul gleich!"
Mir wird angeboten, dass ich einen späteren Termin bei einer anderen Friseurin bekommen könnte. Die andere kenne ich aber nicht und das hasse ich. Und später hasse ich auch. Schließlich habe ich JETZT einen Parkplatz.
Aber watt willste machen? Also sage ich "Ja, gut, dann is datt halt so" und treibe mich auf der Rüttenscheider Straße rum, als ob ich nix Besseres zu tun hätte.
So. Im Zweifelsfall wie immer erst mal was essen. Ich latsche die halbe (sehr lange!) Rüttenscheider Straße runter, weil ich zu meinem Lieblingsbäcker möchte. Dort gibt es die leckersten Joghurt-Schoko-Brötchen vonne Welt. Tja. Aber nicht heute. Ausverkauft. Also entscheide ich mich für ein belegtes Bütterkn, für das ich ein zweites Mal anstehen muss, weil andere Theke. Ich verbringe gute 20 Minuten in diesem Laden, aber rede mir ein, dass ein lecker Bütterkn das definitiv wert ist.
Draußen hole ich datt Ding aus seiner Papiertüte und muss noch nicht mal reinbeißen, um zu wissen, dass es nicht frisch ist. Also mache ich auf dem Absatz kehrt, passiere die lange Schlange anstehender Kunden und spreche die Verkäuferin auf die Bütterkn-Unfrische an.
Sie bietet an, dass sie mir schnell ein neues schmieren könnte. Die anderen Kunden bieten mir an, mich schnell steinigen zu können. Och. Also entscheide ich mich für ein belegtes Laugendings, denn das liegt da noch in der Auslage rum.
"Das geht nicht, das kostet 1 Euro weniger."
"Muaaaah, dann schenke ich Ihnen den Euro."
"Oh. Wenn Sie meinen...?!"
Ja, meine ich. Ich hab Hunger. Laugendings lecker und Abmarsch.
Ich wandere zum Supermarkt, um für ein Rezept einzukaufen, das ich am Vormittag im Internet entdeckt hatte. Ich möchte mir einen Einkaufswagen nehmen, geht aber nicht. Ich habe keinen Euro mehr. Pffff. Dann eben ein Einkaufskörbchen. Ha! Geht auch nicht...keins mehr da. Dafür haben ALLE anderen 700 Menschen in dem Supermarkt ein Körbchen am Arm.
Wie dem auch sei...ich suche im Handy-Internet nach dem Rezept. Finde es nicht. Versuche mich zu erinnern, kann ich aber nicht. Kaufe also irgendeinen Krempel ein und als ich auf den Getränkegang zulaufe, erblicke ich einen...tja...sagen wir so: jemanden, den ich nie wieder sehen möchte. Ich alter Hasenfuß biege um die nächste Ecke, um auf reine Luft zu warten. Dabei lasse ich die zwei Glühbirnen fallen, die auf dem Berg in meinen Armen ganz oben thronen. Die Glühbirnen fallen im Flug aus der Verpackung, zerbersten auf dem Boden...und wer tritt rein?! Genau: der Herr "Ich möchte ihn nie wieder sehen".
Es folgt eine Unterhaltung, die so beknackt ist, dass ich sie für mich behalte.
Irgendwann bin ich wieder auf dem Weg zum Auto. Zwischen dem Auto und dem Supermarkt liegen eindeutig zu viele Meter. Ich leide und suche in meinen Jackentaschen nach einem Bömsken. Bömsken finde ich nicht, aber dafür einen Euro, der wunderbar in einen Einkaufswagenschlitz gepasst hätte.
Irgendwann bin ich angekommen und erblicke den Parkautomaten.
Den PARKAUTOMATEN?! Ich verliere fast die Fassung, denn ich habe kein Bargeld mehr...von dem einen Euro und 27 Cents mal abgesehen, aber damit komme ich nicht weit bzw. nicht vom Parkplatz runter.
MUAAAAAH!
Ich mache kehrt und laufe und laufe und laufe zum nächsten Bankautomaten. Meine Einkäufe habe ich natürlich NICHT vorher kurz in meinem Auto deponiert. Schließlich bin ich ja alles mögliche, aber nicht schlau.
Zurück auf dem Parkplatz füttere ich den Parkautomaten mit meiner Parkkarte. Er möchte EINEN Euro von mir haben. Ich lache hysterisch und die vorbeilaufenden Kinder gucken ängstlich in meine Richtung.
Dann fahre ich zur anderen Friseurfiliale, in der ich meinen Ersatztermin wahrnehmen soll. Und was sehe ich?! Einen Straßenrandparkplatz direkt vor der Tür! Ich freue mich und parke. Ab zum Parkautomaten, um ein Scheinchen zu ziehen. Aber ich kann kein Scheinchen ziehen, weil ich kein Kleingeld habe. Der Parkplatzautomat hätte einen 5er gefressen, sein Kollege hier allerdings nicht. Also suche ich einen Kiosk, um mir irgendetwas zu kaufen, damit ich in den Genuss von Kleingeld komme.
Im Kiosk stehe ich eine Ewigkeit vorm Zeitschriftenregal und kaufe dann ein Magazin für 4,50. Mit einem Fünf-Euro-Schein.
Dann laufe ich zurück zum Parkautomaten und stelle fest, dass ich tatsächlich bescheuerter als bescheuert bin, weil ich mit 50 Cent Wechselgeld natürlich kein gescheites Ticket ziehen kann.
Also zurück zum Kiosk und nett nachgefragt, ob man mir einen Fünfer klein machen könnte.
"Nein."
"Wie NEIN?!"
"Nein, nix Kasse öffnen, wenn nix kaufen."
Ich fasse es nicht.
Also dackele ich zum Friseurladen und dort zeigt man sich gnädig und wechselt mir den Fünfer. Ich ziehe ein Ticket, gehe zurück zu meinem Auto UND HABE EINEN STRAFZETTEL.
Spätenstens an diesem Punkt frage ich mich, ob ich den Friseurtermin nicht besser ausfallen lassen sollte. An so einem Tag fallen mir bestimmt alle Haare aus, wenn ich was mit Farbe machen lasse...
Nein, Haare sind mir nicht ausgefallen. Aber später am Abend meine Krone. Natürlich NACHDEM der Dentalschlachter sich schon ins Wochenende verabschiedet hatte. Aber ich will nicht klagen! Schließlich hat sie diesmal ganze 3,5 Tage lang in meinem Mund gehalten.
Hab ich schon erähnt, dass die ASOS-Kleidchen alle doof sind? Naja. Macht den Elendsbraten nur noch unbedeutend fetter.
Friseurtage sind schwarze Tag. Immer.
Merke: Die letzten 7 Tage hatten aber auch was Schönes in Petto.
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