Liebes Ruhrgebiet und Rest vonne Welt, Ayurveda, ne?! Bis vor Kurzem wusste ich ehrlich gesagt noch nicht mal wirklich wie man das schreibt. Ja, lacht ruhig. Und wenn man mich gefragt hätte, was Ayurveda genau ist, hätte ich wahrscheinlich ob meiner Ahnungslosigkeit ziemlich verlegen irgendetwas von "Kosmetik oder so" gestammelt. Mit anderen Worten: keine Ahnung von nix!
Aber manchmal finde ich keine Ahnung von nix ganz gut. Dann kann man nämlich mal etwas frischen Wind durch das eigene Schädelchen wehen lassen, sofern man bereit ist, ein bisschen Interesse für etwas Neues locker zu machen. Und so lange das Neue nix mit Mathe zu tun hat, bin ich für frischen Wind tatsächlich jederzeit zu haben.
Und so kam es, dass ich vor zwei Wochen nach Wuppertal tuckerte, um einen ayurverdischen Gourmet-Kochkurs im Kochatelier von Volker Mehl zu besuchen.
Schon im Vorfeld hab ich mich ehrlich gesagt über mich selbst beömmelt: Keine Ahnung von nix, aber Hauptsache gleich bei den GOURMETS mitmischen! "Das kann ja heiter werden...", dachte ich mir und visualisierte direkt ein mittelschweres Idioten-Outing meiner selbst. Ich koche zwar gerne und gut, aber bestimmt nicht "für fein" geschweige denn für "Gourmets"!
Ha...da fällt mir ein: Letztes Jahr habe ich mich tatsächlich mal für eine Kochsendung im WDR casten lassen. Also nicht so ne "135 Hobbyköche zappeln vor der Kamera rum"-Geschichte, sondern ein voll seriöses Format, bei dem ICH als alleinige Köchin einen auf gesund und schlau gemacht hätte. Als ich damals angeschrieben wurde, habe ich lauthals gelacht, aber gedacht: "Pffff...das kann nur lustig werden. Da gehste hin!". Also bin ich da hin gegangen. Man traf sich in einem kleinen Kölner Geschäft mit schicker Kochzeile und schicken, coolen Männern. Schicke, coole Männer machen mich ja n bisskn nervös. Vor allem, wenn sie mir dabei zugucken wie ich aus meinen 5 mitgebrachten Zutaten eine profane Fenchelpfanne zusammenschustere und gleichzeitig auch noch total lässig mit der Kamera reden soll. Das Ganze endete damit, dass wohl allen Beteiligten klar war: Fenchelpfanne lecker, Juli für den Job eher ungeeignet. Denn vor der Kamera muss man ja das ganze Zeug wie selbstverständlich und vor allem elegant, gekonnt und ordentlich klein schneiden. Ich bin da ja eher so der Metzel-Typ. Hauptsache klein, ab inne Pfanne, wild drin rumrühren und feddich. Eleganz geht mir dabei echt vollkommen ab. Aber vielleicht lag das auch nur daran, dass mir im Vorfeld eine Maskenbildnerin zu verstehen gab, dass ich mich selbst ja absolut vorsintflutlich schminken würde. Alles out und falsch. Und dann bekam ich ein neues Gesicht geschminkt. Ein TV-Gesicht. Aha. Wie soll man da denn auch bitte noch spontan authentisch elegant sein?!
Aber egal. Was ich eigentlich nur sagen wollte: Ich kann voll lecker kochen. Aber nicht schön. Insofern kann man meine Vorfreude auf den Ayurveda-Kochkurs durchaus mit dem Wörtchen "mulmig" konnotieren. (Konnotieren ist ein ziemlich tolles Wort!) Aber dass ich mir dann vor Ort erst mal direkt wie ein Vollhorst die Daumenkuppe absäbeln würde, hatte ich trotzdem nicht kommen sehen.
Davon ab hatte ich aber wirklich einen richtig, richtig schönen "Genussabend" inklusive frischem Oberstübchenwind. Und den brumme ich Euch jetzt herzlich gerne auf...
So. Volker Mehl. Die Glamour sagt: "Die Ayurveda-Küche ist in aller Munde - und Buchautor Volker Mehl ist ihr Popstar." Wisster Bescheid. Mit Blick auf eins seiner Bücher war mir vom Popstartum mal abgesehen direkt klar: Och, den mag ich! Und mit dem ersten Schritt in sein schönes Wuppertaler Kochatelier war außerdem klar: Boah, voll schön hier! Das kann nur gut werden.
Und das wurde es.
Weil ich aus stautechnischen Gründen ein paar Minütchen zu spät dran war, habe ich die Begrüßung verpasst. Aber so war ich direkt mitten drin und bekam ein leckeres Getränk plus Horsd'oeuvre gereicht. Sehr genehm. Und lecker! Außer mir waren noch 4 weitere Frauen am Start und schnell ging es zur Sache: Volker stellte die Rezepte vor, die wir gemeinsam kochen sollten. Da ich Backen ja nach wie vor für den Teufel halte, stand für mich fest: "Ich mache alles. Hauptsache ich muss nicht backen!". Das hätte ich den Anwesenden nun wirklich nicht zumuten wollen. Nun ja. Ehe ich mich versah, befand ich mich an der Wirsingfront...
...und ganz im Ernst: Ich hasse Wirsing. Eigentlich. Aber ich habe ja auch Rote Beete, Oliven, Fenchel, Grünkohl und was weiß ich noch alles gehasst und in den letzten Jahren plötzlich lieben gelernt. Außerdem war ja ohnehin frischer Oberstübchenwind angesagt. Warum also nicht mal Wirsing neu kennen lernen?!
Gemeinsam mit Denise ackerte ich mich durch das Rezept bis wir äußerst malerische Wirsingpäckchen mit einer tollen Füllung gezaubert hatten...
Aber auch an den anderen Rezeptfronten wurde emsig, aber schön entspannt bei einem leckeren Gläschen Wein gebrutschelt, geschnibbelt und gewürzt. Hier der Beweis:
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Volker stand als Chief in Command hinterm Herd, hatte alles im Blick und stand bei Fragen mit Rat und Tat zur Seite. Schön: Das große Atelier bietet genau so viel Platz, dass man sein eigenes "Süppchen" kochen kann, ohne einander ständig auf die Füße zu treten, aber trotzdem entsteht durch die heimelige Räumlichkeit eine angenehme Atmosphäre. Ein richtiges Miteinander eben und keine Spur von etwaig abgehobenem "Gourmet-Gedöns".
Ihr kennt das: Beim Kochen verdoppelt sich der Hunger. Mindestens! Also her mit dem ersten Gang...
Während wir nun alle zusammen am schön gedeckten, großen Tisch saßen und das lecker Süppchen löffelten, entstand eine für mich recht eigenartige Situation. "Keine Ahnung von nix" wurde plötzlich dezent unangenehm, denn da ich von der ayurvedischen Ernährungslehre wirklich rein gar nichts weiß, fühlte ich mich plötzlich wie ein kleiner Birni, der allein schon froh ist, wenn er vor lauter Fachvokabular-Dschungel Subjekt, Prädikat und Objekt in den einzelnen Sätzen ausfindig machen kann. Immer wieder war z.B. von Doshas die Rede. Hab ich später dann im Treppenhaus erst mal heimlich gegooglet. Es handelt sich um die drei verschiedenen Lebensenergien Vatta, Pitta und Kapha, die dem Menschen seine individuelle Konstitution verleihen. Ha!
Und so saß ich kleiner Birni da und habe versucht, Volker Mehls Sätze in mein Handy zu tippen, um hier später tolle Zitate zum Besten geben zu können. Aber ich hoffe, Ihr seht es mir nach, dass ich es nun doch lieber bei "Wenn man keine Ahnung hat...einfach mal die Klappe halten" belasse. Aber die Suppe war auf jeden Fall unheimlich lecker und eins habe ich doch noch behalten: Laut Ayurveda sollte man keine kalten Mahlzeiten zu sich nehmen. Wer also denkt, dass er mit einem morgendlichen Müsli samt kalter Milch oder mit einem leichten Salat am Abend auf das richtige Ernährungspferd setzt, ist nach dieser Lehre auf dem falschen Dampfer!
Die ayurvedische Ernährung ist also offensichtlich ein recht komplexer Kollege, den man nicht mal eben per Small Talk kennen lernt. Macht ihn ja eigentlich ganz sympathisch. Ebenfalls sympathisch finde ich folgenden Auszug aus Volker Mehls zweitem Buch: "Im Ayurveda geht es um viel mehr als um das Wissen um Elemente, Doshas und Geschmacksrichtungen. [...] Es geht um grundlegende Werte wie Liebe, Hinwendung, Achtsamkeit, Demut, Freundschaft, Verbundenheit, Vertrauen und Lebensfreude." Da passt der Buchtitel "So schmeckt Glück" natürlich wie Faust aufs Auge.
Das mit dem Glück traf dann direkt auch auf den zweiten Gang zu. Was für ein tolles Püree! Eigentlich soll man laut Ayurveda nur gemäßigt essen und sich nicht den Bauch vollschlagen. Auf Wikipedia ist sogar die Rede von gerade mal "zwei Hand voll". Aber was soll man denn machen, wenn es so lecker ist?! Da war "etwas übrig lassen" definitiv keine Option!
In der dritten Runde war dann endlich Denise' und mein Wirsing an der Reihe. Was war ich gespannt, mir meinen alten Feind mal anständig vorzuknöpfen! Denn ganz ehrlich: Ich für mich allein wäre bestimmt niemals mit einem Wirsing vom Markt in meine heimische Küche einmarschiert.
Und jetzt ganz ohne Quatsch: Mein Wirsing-Päckchen war wirklich des Leckerste, was ich bisher in diesem Jahr gegessen habe! Hand aufs Herz und so. Ich freu mich echt immer wie Oberbolle, wenn ich alte Lebensmittelfeinde irgendwann doch noch knacke und wenn aus Feind plötzlich Freund wird. Jedes Mal wieder eine richtig, richtig tolle Erfahrung.
Laut Ayurveda hätte ich an diesem Punkt Schluss machen sollen. Also mit der Futterei. Aber jetzt guckt Euch bitte diese wunderschönen Dessert-Bäumchen an! Wer kann denn da widerstehen (von Nuss-Allergikern jetzt mal abgesehen)?! Also hab ich mit einem leichten Weihnachtsgefühl Löffelchen für Löffelchen einfach nur genossen...trotz drohender Platzeritis.
Lieber Volker, ganz ehrlich: Ich habe ein schlechtes Gewissen, weil ich hier so gerne mehr über Ayurveda im Allgemeinen und Deine Ansichten im Besonderen geschrieben hätte. Aber das, was ich nun bei Wikipedia und Co. nachgelesen habe, mag ich nun natürlich auch nicht einfach runterrattern. Deshalb kann ich einfach nur sagen: Danke für den spannenden Einblick in eine für mich bis dato absolut fremde Welt. Meine Neugier ist geweckt - und zwar nicht nur aufgrund der wirklich wunderbaren Gerichte, die wir gemeinsam kochen durften. Deshalb habe ich mir während des Schreibens vorhin auch eins Deiner Bücher bestellt, um das mit dem frischen ayurvedischen Oberstübchenwind in Kürze noch etwas besser wuppen zu können. Und wahrscheinlich werde ich morgens nie wieder ein Müsli mit kalter Milch essen ;)
So. Hiermit sei Euch Volker Mehl ans kulinarische Herzchen gelegt. Ob Bücher samt toller Rezepte, ob ein Besuch in seinem Kochatelier oder ein schönes Essen in seinem Wuppertaler Deli "Feine Kost", ich wette Ihr seid begeistert, auch wenn Ihr wie ich kleine Ayurveda-Birnis seid. Vielleicht habt Ihr Lust, Euch mal auf seiner Website umzusehen, dann versteht Ihr vielleicht, warum ich trotz keiner Ahnung von nix einfach mal meine Nase in seine Welt stecken wollte.
Merke I: Öfter mal was Neues!
Merke II: Ihr könnt Volker natürlich auch auf Facebook folgen!